Trainer Michael Schuth: „Die Spielertasche liegt nur für den Notfall im Auto“
Es ist seine zweite Saison als Trainer. Die erste beendete Michael Schuth mit den Fortunen als Pokalgewinner. Dabei sieht sich der 53jährige mehr als „Moderator“ denn als klassischer Coach. Seine ersten Ansprechpartner sind die spielerisch herausragenden Hermi (Jörg Hermann) und Dirk (Kamin).Der einstige torgefährliche Allrounder Schuthi weiß:…
„Fußballerisch spielen beide in einer anderen Liga als ich früher.“ Doch der gebürtige Mecklenburger braucht sein Licht nicht unter den Scheffel zu stellen. Einst klopfte der balltechnisch starke Schlaks aus Tutow, in der Nähe von Greifswald, an die Liga-Tür von Lok/Armaturen Prenzlau. Zwei Stufen höher schaffte Cousin Gerd Schuth mit dem FC Vorwärts Frankfurt (O) 1974 ein Kopfballtor gegen den legendären Juve-Torhüter Dino Zoff. „Mein Cousin hatte die Traute, die ich nicht besaß. Er verließ das Dorf rechtzeitig, um den Sprung in die Oberliga zu schaffen. Ich wollte zumindest als Jugendlicher nicht weg von zu Hause“, blickt Schuthi zurück. „Sicher war auch bei mir mehr möglich.“ Dies bewies er noch im reifen Fußball-Alter bei den Kleinkünstlern. In der Meistersaison der Fortuna fiel er mit 13 Toren als taktisch intelligenter Koordinator zwischen Offensive und Defensive auf. Alles andere als Zufall, dass sich die Kollegen so einen als Trainer vorstellen konnten.
Du hast nicht Hurra geschrien, als bei der Suche nach einem neuen Trainer Dein Name gehandelt wurde. Wer hat Dich letztlich überzeugt, die Nachfolge von Jürgen Hinz anzutreten ?
Der alte Stamm. Peter Wichmann, Jockel Rieck, Andrè Weise. Jürgen Hinz hatte Fortuna zur Meisterschaft geführt. Doch inzwischen funktionierte es zwischen ihm und der Mannschaft nicht mehr so richtig. Ich habe die Anfrage als Signal betrachtet und mich letztlich breitschlagen lassen. Es war alles andere als Selbstzweck.
Wie fällt Deine sportliche Bilanz aus? Berlins Kulttrainer Manne Schickgram augenzwinkernd: „Diese Truppe kann doch jeder trainieren…“ Tatsächlich?
Da hat der gute Manne nicht ganz unrecht. Die Mannschaft hat das Potential als Mitbewerber für Meisterschaft und Pokal. Aber: der Kader ist klein. Zum Saisonstart waren noch 14 Mann auf der Spielerliste, derzeit sind es nur noch 9. Momentan kompensieren die Verbliebenen dieses Manko mit spielerischer Klasse. Ohne Hilfe aus den anderen Seniorenmannschaften kommen wir derzeit aber auch nicht aus.
Auf der Internetseite der Fortuna hast Du nach dem Saisonstart kommentiert: „ Ich denke, dass zukünftig nicht nur die individuellen Fähigkeiten, sondern insbesondere gute Fitnesszustände der Schlüssel weiterer Erfolge (aber auch Misserfolge) sein werden. Hier ist JEDER angesprochen…“ Fühlst Du Dich, Stand Heute, in Deiner Prognose bestätigt ?
Ja. Kurz und bündig.
Kannst Du die Hintergründe etwas näher erklären ?
Es war so etwas wie ein Hilferuf und ich wollte ein Signal setzen. Die Mannschaft musste recht früh, Mitte August, einen Kaltstart hinlegen. Die Trainingsbedingungen für den gesamten Seniorenbereich waren bis dahin noch ungeklärt. Schließlich kam es zu einer annehmbaren Lösung außerhalb des „BER“ Grabensprung, stark verkürzt erzählt, für die beiden Seniorenteams der Ü 40/11 und Ü 40/7. Kein Selbstlauf, sondern eine echte Herausforderung…
Fortuna ist als einziges Team noch ungeschlagen. Was ist der Erfolgscode – die stabilste Defensive: nur 12 Gegentore!!! –ein Wasserball-Torhüter ?
Von allem etwas. Vonni Vonhoff konnte phasenweise zeigen, dass er ein guter Torhüter ist. Aber Jochen Gaa ist ein sehr guter Keeper. Und so einen brauchst du, wenn du Titel gewinnen willst. Nebenbei: Jochen stand früher im Wasserballtor. Bei der einen oder anderen Reaktion konnte er bisher davon profitieren.
Welche Spieler haben den größten Anteil am derzeitigen Höhenflug ?
Alle sind auf ihre jeweilige Art wichtig, aber Hermi Jörg Hermann und Dirk Kamin bestimmen Takt und Taktik. Um sie herum organisiert sich alles. Sie sind die wichtigsten Impulsgeber. Aber auch die herausragenden zwei Spieler können nur glänzen, wenn das Team funktioniert. Momentan ist das der Fall.
Wie viel Unterstützung spürst Du insgesamt vom Verein ?
Na ja…Ich vermisse einige Stammgäste aus früheren Zeiten. Beispielsweise Gerd Schreiber. Unser Präsident, hat sicher gute Gründe, dass er nicht mehr den Weg zu seiner Ü40 findet. Vereinsarbeit und Job fordern viel Kraft. Irgendwie verständlich, aber schade.
Was war die größte Umstellung vom Meister-Spieler zum Trainer?
Ich leide schon. Nur Zuschauen, eigentlich eine Strafe. Vor allem für einen, der mit Herzblut Spieler war. Für den Notfall habe ich meine Spielertasche noch im Auto. Ich sehe mich aber nicht als eine Art Heilsbringer, ich bin völlig untrainiert. Außerdem tut man sich keinen Gefallen, wenn man die Spieler kritisiert und sich dann selbst der Kritik aussetzt. Das sollte man vermeiden.
Fortuna mit 4 Punkten Vorsprung Tabellenführer. Wie bewertest Du diese Platzierung nach 9 Spielen ?
Wir sind auf Kurs. Von der Konkurrenz kann Köpenick-Oberspree auf ein beachtliches Personal von der Ü40 vom Großfeld zurückgreifen. Mahlsdorf scheint zu erstarken. Persönlich sehe ich Mahlsdorf einen Tick besser. Das nächste Highlight steigt in drei Wochen am Grabensprung gegen Köpenick.
Was war bisher die größte Lachnummer ?
Fällt mir spontan nichts brauchbares ein, aber vielleicht können Andere da helfen…
Wie beurteilst Du den Journalisten-Job Deines Nachfolgers Jockel ?
Er ist einer von der schnellen Truppe, schreibt originell. Ein Beispiel die Schlagzeile im Spielbericht: „Ein Hauch von Tiki-Taka“. Ich hatte schon Sorge, dass keiner mehr Lust auf diesen Job hat. Vor allem regelmäßig. Aber da hat ja auch Müllex schon sein Talent bewiesen. Jockel hat einen anderen Stil und das ist gut so. Aber insgesamt muss ich sagen: Größte Hochachtung.
Welcher Fußball gefällt Dir gegenwärtig am besten ?
Bayern hat das größte Potential, keine Frage. Aber ich sympathisiere mit Dortmund, dem vermeintlichen Zweiten.
Würde Kießling bei Dir spielen ?
Spielen nicht, aber er wäre im Kader der Nationalmannschaft.
Würdest Du, Stand Heute, darauf wetten, dass Bayern und Fortuna jeweils am Saisonende das Doppel schaffen ?
Fortuna, unbedingt. Bayern ? Ich hoffe nicht, dass die Dominanz der Bayern am Saisonende so ausgeprägt ist. Dortmund gewinnt eine der Trophäen. Das ist mein Tipp.
Wie hält sich der Trainer selbst fit ?
Mit Fußball ist nicht mehr. Die Knie! Aber ich gehe regelmäßig ins Fitneß-Studio, um für „Bauch, Beine, Po“ etwas zu tun. Muß ich auch, denn ich habe schon zwei bis drei Kilo zugenommen… Das ist ein Signal. Schnell geht die Tendenz abwärts. Der Mensch hat ja so ein Wohlfühlgewicht. Das will ich schon halten.
Danke für das Gespräch – und alles Gute auf dem Weg zu Titel und Pokal.