Fortuna zwischen Hui und Pfui
„Fußball ist ebenso unbegreiflich wie das Leben“, glaubt der spanische Fußballfeuilletonist Javier Marias: „In beidem kommt man entweder gut an, oder man liegt völlig daneben.“ Ich denke, nicht wenige Beobachter lagen zur Halbzeit beim Spiel Einheit zu Pankow gegen Fortuna Biesdorf völlig daneben.
Die Fortuna führte im Pankower „Waldstadion“ bei der Einheit durch zwei Tore von Uli Berger und einem Treffer von Torsten Schrumpf mit 3:0. Als dann der eingewechselte Jürgen Klawe auf 4:0 erhöhte, schienen die drei Punkte im Kasten. Bei den Toren 1 und 3 glänzte capitano Jockel Rieck mit überragender Vorarbeit und lautstarker Organisation: „Die Mitte zumachen. Ja, so stehen wir gut“. Der verletzte Andrè Weise war darüber so begeistert ( „Jockel, Weltklasse!“), dass er mal kurz seinen eigentlichen Job an diesem Abend übersah: Mann an der Linie. Da auch Uli nicht nur wegen seiner zwei Tore stark auftrumpfte, Torsten Schrumpf ein torstentypisches 2:0 gelang und Heiko Schickgram bei fast allen Treffern „einen Fuß“ im Spiel hatte, sprang der komfortable Vorsprung heraus.
Fortuna-Coach Jürgen Hinz legte zur Pause den Finger zu Recht auf die Wunde: „Das Ergebnis darf uns nicht blenden. Wir haben schwach begonnen, dann aber den Zugriff bekommen und die Mitte dicht gemacht. So müssen wir weiter spielen.“ Ruhig spielen – ja. Aber ruhig spielen – ohne Aggressivität. Das funktionierte nicht. Wie ein Orkan fegte jetzt das Pankower Team über die Fortuna-Defensive ( Jockel:“Wir haben jeglichen Zugriff verloren“.) Nicht zufällig schaffte der Toptorjäger der Liga, Thomas Heinrich, mit einem Doppelschlag in fünf Minuten den Anschluss zum 2:4. Die Fortuna schwamm, Einheit glaubte plötzlich wieder an sich selbst: 3:4, 4:4 – alles in drei Minuten. Ein Achterbahnspiel zwischen Hui und Pfui.
Enttäuschte Fortunen, ob Peter Wichmann oder Torsten Vonhoff, ob Sveni Küchler oder Gernot Hallmann, ob Frank Krüger oder Finki Fink und Jürgen Klawe, die gesamte Truppe war geknickt. „Uns fehlte in der zweiten Hälfte der Biss in den Zweikämpfen“, suchte Müllex eine Erklärung. „Keiner wollte so richtig den Ball haben“, meinte Rainer Wetzorke. “Ich glaube, wir können nur Defensive“, orakelte Schicki.„Wir haben jeglichen Zugriff verloren“, analysierte Capitano Jockel treffend und machte eine klare Ansage „Auswertung vertagt, auf Mittwoch, zum Training.“ Ein frustrierter Trainer Jürgen Hinz rätselte: „Warum können wir so eine Partie nicht intelligent zu Ende spielen…“ Aus seiner Sicht verbreitete das 0:2 gegen Tabellenführer Köpenick mehr Zufriedenheit als der Punktgewinn in Pankow. Wer erinnert sich nicht, wie Jürgen vor jedem seiner Jungs symbolisch den „Hut“ zog.
Ja, so unbegreiflich ist halt Fußball…
GW