„Diesmal war Gropiusstadt zu knacken“
In der Kabine herrschte trotz der 2:4-Niederlage eine angenehm reflektierende Atmosphäre. Keine Schuldzuweisungen. Sachlich und ruhig steuerte jeder Fortune sein Argument bei. „Alles Kopfsache“, meinte der starke Keeper Henry Rembach „Die waren heute zu knacken“, zeigte sich Oldie Hans-Joachim Fink überzeugt. „Jetzt gewinnen wir bei Union und danach am Grabensprung gegen Inter“, gab sich Capitano Jockel Rieck gewohnt optimistisch. Nur Uwe Rutenberg, Gründervater der Fortunen-Ü50, holte kurz die Moralkeule heraus: „ Jungs, denkt daran: Wir spielen in der Verbandsliga“.
Das will die Mannschaft von Teamchef Peter Wichmann auch noch in der nächsten Saison. Ein Dreier in der jetzigen Situation hätte der Fortuna gut getan. Dieser war auch nach dem 1:0 durch Sveni Küchler möglich gewesen. Torsten Schrumpf, nach dreiwöchiger Grippe-Pause wieder an Bord, spielte eine gute erste Halbzeit. Schade, dass der Torjäger eine 100-Pro-Chance nicht nutzen konnte. Im Anschluss daran kursierte im Fortunen-Lager der Satz des Abends: „ Diesmal war Gropiusstadt zu knacken“. Doch die Neuköllner ließen sich nicht beeindrucken, profitierten bei den zwei Gästetoren vor der Pause von elementaren Fehlern der Fortuna. Vom Kreativverbund mit Andre Weise, Hocki Hallmann, Jürgen Klawe , Oldie Finki Fink konnte gegen die ballsicheren Neuköllner keiner entscheidende Impulse setzen. Peter Wichmann agierte in zentraler Rolle überzeugend, wenngleich vielleicht hin und wieder einen Tick zu offensiv. Vier Gegentore – was tun ? Man hätte Jürgen Hinz und Micha Schuth um Abhilfe bitten können. Beide schauten gut gelaunt dem Auf und Ab ihrer Nachfolger zu. Die einstigen Meistertrainer standen für intelligentes wie stabiles Defensivverhalten. Schuthis philosophische Formel des Abends: „ Eine gute Torszene kann nicht sehr gut sein, nur ein Tor“. Als aktueller Teamchef nahm Peter den Faden auf: „ Wir müssen arbeiten, arbeiten, arbeiten. Dann bekommen wir auch unsere Chancen.“
Peter, der beste Feldspieler, setzte sofort ein Zeichen. Mit einem seiner dynamischen Dribblings bereitete der Mecklenburger den Anschlusstreffer vor – 2:3. Und als alle, darunter auch Vater Klawe,
auf das 3:3 hofften, durfte sich Gästeangreifer Michael Andersen in letzter Sekunde über seinen Dreierpack zum 4:2 freuen. „Jetzt auch noch Slapstick“, schüttelte Müllex Müller den Kopf. Vorausgegangen war ein Aussetzer von Jockel Rieck. Ausgerechnet dem ansonsten stabil und konstant spielenden Kapitän unterlief diese Comic-Nummer. Oder hatte diese Szene auch etwas Symbolhaftes. Ist Jockel als Abwehrspieler, mit überraschenden Vorstößen, nicht doch für den Gegner schwerer auszurechnen als der Mittelfeldspieler Rieck ?
Fakt ist: Vor der „Woche der Wahrheit“ bei Union (Dienstag) und gegen Inter (Freitag) haben die Fortunen nur noch einen Zähler Vorsprung gegenüber den Abstiegsanwärtern. Alles würde freundlicher ausschauen, wenn der viel zitierte Satz des Abends
wahr geworden wäre: „Diesmal war Gropiusstadt zu knacken.“