Auch unter den Schreiberlingen gibt es einen imaginären Wettbewerb: Wer erzählt einen Sieg oder eine Niederlage bildhafter, witziger, hintergründiger ? Geschichten, die der Fußball schreibt, sollen ja Lebensmomente speichern. Augenblicke wie diese: Fluchende Männer, traurige Gesichter, bedrückte Fans, tröstende Frauen – garantiert ist damit die grüne Fortunaszene nach dem demütigenden 1:3 bei Eintracht Mahlsdorf zum Saisonfinale unvollständig erfasst.
Eine Edelfeder wie der Spanier Javier Marias, glühender Anhänger vom blütenweissen Real Madrid, hätte das poesievoller gekonnt: „Unserem Herz so weiss ist in den vergangenen Wochen Schlimmes widerfahren, und es hat trotzdem überlebt. Ans Siegen gewöhnt, haben wir festgestellt, dass das Verlieren uns nicht umbringt .“
Na, bitte. Alles begann ja auch hoffnungsvoll: wärmende Sonne, eine knappe Hundertschaft als Kulisse in einem niveauvollen Match, das in Halbzeit eins von Gerhard Schreibers Mannschaft klar dominiert wurde: Zwei Knaller von Torsten Schrumpf, ein Alutreffer von Mike Groß, ein Kopfballwischer von Andre Weise, eine (fast genau so raffinierte) Freistoßkombination zwischen Heiko Schickgram und Dirk Kamin wie bei Hürriyet. Das konnte verschmerzt werden, da Mike und Dirk sich nach dem Wechsel zu einem tollen Zug fanden. Mike Groß, an diesem Tag mit dem Gespür für den großen Auftritt, als blendender Vorarbeiter, Dirk Kamin mit dem scheinbar beruhigenden 1:0. Doch dann erst folgte das ganze Drama . Die (überraschend) positive Lektion von Fußball-Stücke-Schreiber Javier Marias: „Wenn das Spiel keine dramatische Qualität mehr besitzt, bleibt nichts von ihm übrig.“
Übrig blieb schon die Dramatik: Einer wurde unsichtbar, einer wackelte, einer patzte – der mentale Zusammenbruch der gesamten Mannschaft vom 0:1 zum 1:3. Dazu unser Kritiker aus Spanien: „ Vor Minuten noch der Beste gewesen zu sein, ist Augenblicke später schon bedeutungslos, von morgen ganz zu schweigen.“ Das Morgen muss jetzt in aller Ruhe und Sachlichkeit angegangen werden. Die Dinge liegen ja eigentlich glasklar auf der Hand: Zu viele Patzer gegen Mitkonkurrenten, das zu leichte Abschenken von Führungen, mentale Schwächen. Doch Enttäuschung und Niedergeschlagenheit sollten nur von kurzer Dauer sein, denn: Fortuna hat eine insgesamt tolle Saison gespielt. Wer hätte ihr das vor dem ersten Anpfiff zugetraut ?
Ehrlich gesagt, auch der Schreiberling, der sich beim gesamten Team wieder für die „Gastfreundschaft“ in der Kabine bedankt, hätte nicht daran geglaubt. Javier Marias erteilt auch Kolumnisten und Chronisten (Chapeau, Micha, Schuht!) eine Lektion: „Menschen, die über Fußball schreiben, erkennen die Vergänglichkeit ihrer Texte, wenn nämlich die nächste Saison die gerade beendete auslöscht und vergessen macht.“
Dann sind wir auf`s Neue von der Fortuna überzeugt – in Anlehnung an den Dichter Javier Marias – überzeugt von den
„Herzen so grün“…