Kabinengeflüster IX (Andre)

2. April 2009

weise_gottfriedAndrès Jagd auf Maradona, Cruyff und Udo Lindenberg

Am liebsten trabe ich das letzte Stück zum Grabensprung, dicht vorbei am Gitterzaun. Meist bleibe ich dann auf Torhöhe stehen und zoome mir die Jungs beim Warm up aus dem Flutlicht heran.

Doch leider diesmal am Ende Figuren in Tristesse: Zur „Pflichtveranstaltung“ gegen den Tabellenletzten Blau-Weiß Spandau sprang nicht mehr als der angestrebte „Pflichtsieg“ heraus: 3:1. Schicki Schickgram, der zu Recht häufig Gelobte, diesmal bis auf seinen Edeltreffer abwesend, brutal einsichtig:…

„Habe ich heute einen Schrott gespielt. Gott sei Dank hat das Papa nicht gesehen…“ Glücklicher Manne Schickgram!

Armer Vater Andrés. Keine Kür vom Team, keine Kür vom Sohn zu sehen. Ein paar wertvolle Balleroberungen, ein schön lancierter Konter –  das wars aber auch schon an Licht. Der Schatten überwog: ungenaue Distanzschüsse, unkonzentriertes Abspiel bei dicker Torchance. Gerd Schreiber wurde zum Rumpelstilzchen: „Andrè, halt die Pille flach. Das kann doch nicht wahr sein.“ Berechtigte Kritik, die der Sohn aushalten muß – aber auch der Vater. Es bleibt der Trost: Habe am Grabensprung auch schon bessere Tage von Andrè erlebt.

So in der Spielserie 2006/07, als er im Wettlauf  um den erfolgreichsten Schützen mit Peter (20 Treffer) stattliche 19 „Buden“ machte;

so in der Finalphase der Vorjahrssaison, als er sich am letzten Spieltag die „Torjägerkrone“ schnappte. Schuhti hielt für die Chronik fest: „ Andrè schaffte es verdientermaßen mit seinem 11. Saisontor und durfte anschließend im Sportcasino eine Runde schmeißen.“ Der Geehrte (und Geschädigte) selbst sieht sich dennoch weniger als Torjäger: „ Das sieht man ja schon an der Zahl. 11 Tore sind nicht wahnsinnig viel. Ich sehe mich eher als Vorbereiter.“ Das bewies der 43jährige Offensivallrounder recht eindrucksvoll am 16. Spieltag gegen den Spitzenreiter Weißensee (2:2). Der Berichterstatter lobt, dass die 1:0-Führung durch Micha „nach kurzer ( und gekonnter) Ablage von Andrè“ gelang.

Dass der lauffreudige Teamplayer vor vier Jahren im Doppelpack mit Peter Wichmann („lief ein klein wenig wie der Deal Wuschi  Rohde und Thomas Doll zum HSV ab“) von Motor Baumschulenweg zur Fortuna kam, bereut er bis heute nicht. „ Schuhti hatte da seinen Hauptanteil. Er quatschte Peter an und meinte, bring`doch mal den Kleinen mit“, erinnert sich Andrè. „Alles hatte Niveau. Dafür stand schon ein Mann wie Gerdchen Schreiber.Wir wurden toll aufgenommen, die Chemie stimmte und in der `dritten Halbzeit` im Fortuna-Casino von Georg fühlte man sich sofort wohl“, schwärmt Andrè und erzählt: „ Fußballerisch war die Fortuna nicht auf uns angewiesen. Biesdorf war schon eine eingeschworene Gemeinschaft mit ausreichend Klassepotential. Ich denke da an Lutze Hahn. Auch Schuhti, Jockel, Jürgen, Gerdchen, die sich schon länger kannten, hatten – genau wie Schicki oder Raimund – zu Ostzeiten das Zeug für die Liga bzw. Oberliga. Und da jetzt mitzumischen, das war und ist eine tolle Herausforderung.“ Er weiß, dass ihm „in taktischer Hinsicht“ vieles fehle, er im wesentlichen „Straßenfußballer“ aber „am Ball kein Blinder“ sei und Coach Gerdchen Schreiber ihm viel Vertrauen geschenkt habe: „ Der Kleine steht unter meinem persönlichen Schutz.“

Der Kleine – wie und wo hat ihn denn der Fußball-Bazillus angesteckt ?

Aufgewachsen im Prenzlauer Berg, erste Ballkontakte mit dem Vater auf dem grünen Teppichbelag, erster Verein 1973, mit 9 Jahren: Brauereien. Erster Übungsleiter: Manne Garske. Erster größerer Erfolg: Spartakiade-Gold als Rechtsaußen („Eine Art Rüdiger Abramczyk“) Erste deftige Niederlage: 0:13 gegen die Knaben des BFC Dynamo („ Da hat uns Andy Thom mit 9 Toren abgeschossen“). Der Bruch mit dem organisierten Fußball kam mit dem Umzug nach Treptow 1976. Andrè pendelte zwar noch drei Jahre, doch dann verlor er die Lust am Spiel. Er hatte es auch nicht einfach – eine Mutter, Lehrerin, die zwar engagiert aber auch schon mal den Gegner anfeuerte; ein Vater, der am Wochenende nie zu Hause war, weil er von den Oberligaspielen berichtete („ Wir begegneten uns aber in harten Duellen beim Tisch-Fußball“)  Und eine Atze, die ihm in den Hintern trat, hatte er auch nicht. Typisch Einzelkind.

Er suchte den „Fußball ohne Schlinge um den Hals“ – Hartplatz „Malta“ vor der Haustür, Schulhalle am Wochenende. Immer als braver Klassenkumpel an seiner Seite – Fußballquereinsteiger Uwe Hollmann, den Andre immer in sein Team wählte. „Auf diesem Niveau war ich Mittelpunkt“, blickt Andrè zurück. „Da konnte ich viel ausprobieren.“ Zusätzlicher Reiz: Mit seinen Jungs testete er wöchentlich das Mix-Team aus Lehrern und Fernsehsportreportern. Das Highligt: „ Einmal hatte Vater den Dresdner Reinhard Häfner mitgebracht. Es war schon ein geiles Gefühl, einen Profi mal zu tunneln.“  Diesem Freizeitkick blieb er praktisch bis 1997 treu. Bis ein Kumpel aus alten Knödelzeiten ihn mit 32 Jahren überredete, es doch bei Motor Baumschulenweg noch einmal mit dem „richtigen“ Fußball zu versuchen. „Er war sofort wieder da, der Rasengeruch“, versichert Andrè glaubhaft: „ Mit geborgten Schuhen traf ich gleich zweimal. Wir gewannen mit Baume 4:1.“ Wie die Geschichte weiter ging, ist bekannt…

Zwischendurch ging Andrè seinen beruflichen Weg: Vom Kamerassistent zum Meister der Fotografie – in dieser Zeit „jagte“ er – gemeinsam mit dem Vater – Maradona, Johan Cruyff, Jupp Heynckes oder Udo Lindenberg. „Es war schon ein irres Gefühl, drei Meter neben Udo zu stehen oder Maradona die Hand zu drücken“, aber so richtig genießen konnte er diese Sternstunden erst mit Abstand: „ Du bist in solchen Momenten nur auf das Handwerkliche focusiert. Stimmt das Licht, die Schärfe…“ Seit dem 1. Mai 1999 betreibt er, zusammen mit seinem einstigen Lehrling Jan Roy,ein eigenes Studio in der Ribnitzer Straße 24, im Ritz-Center.

Zu Hause, in Mahlsdorf,  erwartet ihn ein Drei-Maderl-Haus – Ehefrau Andrea, Erzieherin, holt zu feierlichen Anlässen gern einmal die Gitarre hervor, „geht zweimal ins Fitness-Studio und in die Sauna und ist seit drei Jahren Dauergast bei den Heimspielen“. Die Töchter Maria (20), angehende Erzieherin, und Lisa (17), auf dem Gymnasium, sind im Tanzverein 90 bei Katja Geißler in der Regionalliga engagiert. Da ist Modern Jazz Dance angesagt. Da sitzt André schon mal in der ersten Reihe auf dem Weg zu Volltreffern der anderen Art. Keine Sehnsucht nach einem kleinen Maradona gehabt ? „ Hat halt nicht geklappt“, zwinkert er. „Aber lieber zwei prima Töchter als einen Jungen, der nicht Fußball spielen kann.“

Ich hoffe Jungs, ihr seid am Freitag in der heißen Derby-Nummer gegen Mahlsdorf  besonders gut drauf, damit sich für die Väter (Der Buschfunk meldet auch die Teilnahme von Manne Schickgram) der Weg zum Grabensprung wieder lohnt.

Ein Versprechen ? Good luck!!!

 

10 Fragen an den dopelten Knipser Andrè Weise

 

Was bedeutet Dir Fußball ? Ein Glücksgefühl. Da wird positive Energie frei gemacht. Einmal Fußballer, immer Fußballer. Solange der Körper noch mitspielt…Außerdem ist Fußball eine „Superdroge“, um beruflichen Stress abzubauen.

Dein Erfolgsgeheimnis ? Ich bin viel unterwegs, habe eine gute Ausdauer, kann kämpfen, bin teamfähig und mache in der Regel auch meine Tore, obwohl ich mich nie als der Torjäger gesehen habe.

Was motiviert Dich ? Wir sind keine Thekenmannschaft, sondern spielen in der höchsten Klasse. Da regiert das Leistungsprinzip. Es ist keinem egal, ob er ein Punktspiel gewinnt oder verliert. Dieser Anspruch motiviert mich. Da ist es schon ein geiles Gefühl, mit dem Fortuna-Trikot aufzulaufen. Außerdem ist Andrea seit drei Jahren ständig bei den Heimspielen dabei. Schön, wenn sich die Ehefrau mit einbringt und den Sport toleriert.

Worüber kannst Du Dich aufregen ? Mache aus meinen Möglichkeiten noch zu wenig, spiele noch häufig zu ineffektiv. Alles Kopfsache. Muß mehr spontanen Fußball spielen, damit weniger Potential auf der Strecke bleibt. Aber man kann ja immer noch hinzu lernen…

Deine Lieblingsmannschaften ?  War eigentlich nie ein leidenschaftlicher Fan von einem Verein. Allerdings hat mich Lok Leipzig in der großen Europacup-Serie 1987 begeistert. Ich kann mich noch besonders an das Halbfinale gegen Bordeaux erinnern. Da saß ich mit Kumpels und unserem Physik-Lehrer Uli Göhlert bei uns zu Hause vor dem Fernseher. Kreer, Zötzsche, Liebers, der junge Marschall und der schnelle Richter – das war schon eine superstarke Truppe. Als dann der Keeper Renè Müller den entscheidenden Elfer ins obere Eck drosch, gönnte man sich schon noch ein Bierchen. Leider verlor Lok ja dann im Finale gegen Ajax Amsterdam.

Deine Fußballidole aus der Kindheit ? Das fing, so glaube ich, mit Johan Cruyff . Da war ich 10 Jahre und verfolgte 1974 zum ersten Mal eine Weltmeisterschaft mehr oder weniger intensiv. Mir gefiel, wie elegant er dribbelte, auf dem ganzen Platz präsent war und trotzdem wichtige Tore machte. Später waren eher die gleichaltrigen Andy Thom und Ulf Kirsten meine Idole.

Deine persönliche Sternstunde ?  Als ich mit den Knaben von Brauereien 1973 das Spartakiade-Finale vom 0:3 zum 4:3 kippen konnte. Schoß dabei auch ein wichtiges Tor.

Kurz darauf holte mich Spielbeobachter und Trainer Schnur in die Berliner Auswahl. Ein Höhepunkt war auch das 6:1 mit Motor Baumschulenweg gegen Johannisthal. Die hatten mit Rudwaleit, Hendel, Seier fast nur frühere Oberligacracks im Team. Trotzdem gewannen wir 6:1 und ich konnte den langen Bodo einmal überlisten. Am Ende legte der Ex-Nationalkeeper den Arm um meine Schulter und lobte: „ Gutes Spiel, Kleener!“ Das war für mich so etwas wie der Ritterschlag.

Die größte sportliche Niederlage ? Der Abstieg mit der AK 32 von Motor Baumschulenweg aus der Landesliga in die Bezirksliga.

Was würdest Du als Bundestrainer sofort machen ? Experimente minimieren, auf Konstanz setzen. Momentan ist das mir noch zu unruhig. Immerhin läuft schon die WM-Qualifikation. Aber deutsche Mannschaften sahen meist gut aus, wenn sie eingespielt waren. Das so genannte deutsche Dream-Team von 1972 hatte mit Maier, Beckenbauer, Netzer, Müller eine klar strukturierte Achse. Selbst die vermutlich beste ostdeutsche Mannschaft, die 1976 Olympiasieger gegen den WM-Dritten Polen wurde, zeichnete sich durch Konstanz aus. Croy, Dörner, Weise, Häfner, Kurbjuweit oder Hoffmann waren auch in der Folgezeit meist gesetzt.

Dein Lebensmotto ?  Suche Dir ein harmonisches Umfeld, in dem nicht mehr Schein als Sein dominiert.

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