Kabinengeflüster II (Kolumne von Gottfried Weise)

27. November 2007

Schuthi hat´s  schwerer als Günter Netzer

weise_gottfriedManchmal quäle er sich, sagt Michael Schuth. Seit zwei Jahren versucht der Kopfmensch (und Kopfspieler) einen schwierigen Spagat hinzukriegen.

Erst spielt er, dann schreibt er – im Klartext: der 47jährige torgefährliche Mittelfeldspieler der Fortuna muß in seinen Berichten ein glaubhaftes Verhältnis zwischen Selbstkritik und Kritik herstellen.

Er müht sich erfolgreich mit präziser fachlich-detaillierter Analyse darum. Inzwischen gehören die Schuthi-Reports wie eine willkommene Verlängerung zum Spiel. Für den Autor selbst nicht nur eine nette Geschichte, wenn man kein Blatt vor dem Mund nimmt und nicht gerade in Superlativen schwelgt. Michael Schuth weiß: „Vom Typ her neige ich mehr zu kritisieren als zu loben.“

Das kommt nicht bei jedem gut an. In der Kabine wird dann schon mal geätzt: „Hey Micha, hast du nicht drei Tore gemacht ?“ Süffisanter Hinweis darauf, dass Schuthi bei der spektakulären Aufholjagd vom 0:2 zum 6:3 gegen Neukölln Rudow wohl zweimal traf, beim 0:1 aber auch eine „Aktie“ an der Führung der Gäste hatte. Andererseits bekommt der dichtende Spielgestalter von seinen Kollegen auch genügend verbale Vorlagen. „Ballermann“ Raimond Kluge beispielsweise verriet glaubhaft: „ Micha, hast du gesehen, wie der Keeper die Handschuhe wechseln musste. Das war schon der dritte Torwart im dritten Spiel…“

Ganz und gar humorlos leitete Raimond die Wende ein – Hammer raus, 1:2. Dem gegnerischen Keeper dürften noch immer (nach Raimond-Aussage) die handschuhlosen Hände glühen. Als  er später zum 5:3 einnetzte, grinste Heiko Schickgram: „Jetzt dreht er durch, jetzt will er noch Torschützenkönig werden.“ Auf jeden Fall: Keiner lebt ein Tor emotionsvoller aus. Am Wochenende konnte ihm allenfalls der Stuttgarter Roberto Hilbert das Wasser reichen. Dazu gelungene und giftige Tacklings. Auf Raimond konnte sich Ersatz-Käpt´n Michael Schuth (für den verletzten Jörg Rieck) verlassen. Ganz starker Auftritt!

Aber auch andere präsentierten sich in diesem „Wende-Krimi“ als wichtige Leistunsgträger. So legte Sven Küchler perfekt für Schuthizum 2:2 auf; so löste Kriminalhauptkommissar Peter Wichmann den „Fall zum 3:2“ auf seine Weise – Körpertrick, Sprint, rein ins Glück. 6 Tore in 8 Spielen. Super-Peter; so „explodierte“ der Kleinste, André Weise, nach scharfer Flanke von Fred Köntopf  per Kopf zum 4:3, womit sein „Marathon-Pensum“ und manch feiner Paß (auf Peter Wichmann) honoriert wurden; so sicherten Abwehrchef Jürgen Hinz und „Reservekeeper“ Norbert Paepke letztlich den Dreier clever ab; so erhöhte der „Kopfspieler“ Michael Schuth mit dem Doppelpack sein Torekonto auf insgesamt 11(2 Pokaltore eingeschlossen). Damit ist er Topscorer bei der Fortuna und hat im „Streit der Philosophien“ unschlagbare Argumente in der Hand. Nicht zu vergessen der Einfluß des engagierten Teilzeit-Trainergespanns Jörg Rieck ( Der Emotionale) und Norbert Wollschläger (Der Coole). Der bärtige „Seemann“ Wollschläger agierte wie einst als Libero des FC Hansa Rostock (23 Spiele!) – mit Souveränität: „André, besser vorbereiten…Micha, Räume enger machen…Raimond, das Tor steht weiter rechts…“

So brauchte  Michael Schuth nicht den Leitwolf zu  spielen und konnte das tun, was er immer bevorzugt: „Ich konzentriere mich zuerst auf mein Spiel.“ Damit lag der polarisierende Mecklenburger goldrichtig. Denn: Obwohl mit Henry Rembach, Norbert Wollschläger, Jörg Rieck, Heiko Schickgram wichtige Fachkräfte verletzungsbedingt und Heiko Veit („Hoch lebe Carl“) aus familiären Gründen fehlten, bewies das Team von Dr. Gerhard Schreiber Moral, zeigte Charakter. „Da konnte sich keiner verstecken“, bilanzierte Schuthi und strich sich genüßlich über seinen gepflegten Oberlippenbart: „ Da kann ich ja in Ruhe nach Tutow fahren…“

Tutow ? Mit Frau Christina und Tochter Claudia (die Leichtathletin und Volleyballspielerin besuchte die Sportschule) „flüchtete“ Michael Schuth am Wochenende nach Mecklenburg-Vorpommern, in die Nähe von  Greifswald, in den Landkreis Demmin, nach Tutow. Das kleine Dorf mit 1300 Einwohnern – lange Zeit Schuthis Zuhause.  Micha klärt auf: „ Wir waren eine Großfamilie, 5 Jungs, 3 Mädchen. Meine Mutter lebt noch hier, auch einige Geschwister.“ Bei Traktor Tutow gehörte der balltechnisch starke Schlaks zu den „Kings“. Sein Schaufenster war – „im Tal der Ahnungslosen“ (O-Ton Micha) – die DDR-Oberliga. Dies verstärkte sich, als sein Cousin Gerd Schuth  aus dem 5 Kilometer entfernten Kartlow den Sprung ins Oberligateam vom FC Vorwärts Frankfurt (O) schaffte. Mit 14 Jahren  saß er vor dem TV-Gerät, als der 25jährige Vorstopper Gerd Schuth im UEFA-Cupspiel 1974 den legendären Dino Zoff beim 2:1-Sieg mit einem tollen Kopfball überlistete ( Schuthis Köpfler nach Schickis Freistoß beim 3:1 gegen die kleine Hertha lässt grüßen). War das nicht Motivation genug ? Michael Schuth: „ Mein Cousin hatte die Traute, die ich nicht besaß. Ich wollte zumindest als Jugendlicher nicht weg von Tutow. Sicher war auch bei mir mehr möglich.“  Nach dem Studium in Rostock zum Maschinenbau-Ingenieur landete Michael Schuth bei der Armee in Prenzlau. Der Schreiber im Stab (mit Fußball-Ambitionen) fiel auch dem damaligen Coach Egon Rohde auf, dem Vater von Wuschi Rohde. Der gebürtige Rostocker trainierte das Ligateam von Lok/Armaturen Prenzlau.

Doch da der Soldat Schuth in der Woche nur zweimal zum Training frei- bekam, reichte es nur zu Einsätzen in der 2. Mannschaft. Die berufliche Perspektive zeigte ohnehin Richtung Berlin. „Da riet mir Egon Rohde Sparta Lichtenberg oder Autotrans. Ich entschied mich für Autotrans.“ Dort traf er z.B.auf heutige Kollegen wie Jürgen Hinz oder Jörg Rieck. In der Wendezeit wechselten sie zur Fortuna nach Biesdorf…

Seit zwei Jahren hat Schuthi  den Job als Berichterstatter übernommen. Er selbst weiß auch nicht mehr, wie er dazu gekommen ist. Journalismus, wie er sagt, war nie sein Ding. Er habe sich ein wenig an Artikeln in Zeitungen orientiert. Und ansonsten habe er sich immer bemüht, „seine eigene Meinung“ zu bewahren. Selbst mitmischen und austeilen – Schuthi  hat´s in der Tat schwerer als der Oberkritiker der Nation, Günter Netzer. Inzwischen wissen dies aber wohl auch die Mitspieler zu schätzen. Wie war doch in einem Kommentar vom 16. November 07 zu lesen ?

„Micha, Deine Berichte werden immer besser…“ Na bitte…

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